Beitragsbild Redakteurina Schulgipfel im Kanzleramt

Schulgipfel im Kanzleramt: Großer Wurf oder großer Reinfall?

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Am Montagabend, 21. September 2020, fand der zweite Schulgipfel im Kanzleramt statt. Bund und Länder haben weitere Schritte bei der Digitalisierung an Schulen besprochen und sich über die Corona-Lage an Schulen beraten. Bereits Ende August hat die Koalition im Rahmen der verlängerten EU Corona-Hilfsmaßnahmen Möglichkeiten besprochen, um die Digitalisierung an Schulen voranzutreiben. Hat der zweite Schulgipfel nun endlich konkrete und realistische Konzepte hervorgebracht oder handelt es sich wieder nur um Absichtserklärungen?

Die Ergebnisse im Überblick

Bundeskanzlerin Angela Merkel, Kanzleramtschef Helge Braun, Bildungsministerin Anja Karliczek, SPD-Chefin Saskia Esken, Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) Stefanie Hubig und die Kultusminister der Bundesländer haben sich auf eine weitere enge Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund bei der Digitalisierung geeinigt, der Bildungsföderalismus bleibt aber bestehen. Insgesamt hat die Bunderegierung sieben Handlungsstränge identifiziert, an denen Bund und Länder gemeinsam arbeiten und sich Anfang 2021 zu einem weiteren Austausch treffen wollen.

  1. ein von der KMK erarbeiteter einheitlicher Rahmen für die schulischen Infektionsschutzmaßnahmen;
  2. ein zügiger weiterer Ausbau der Glasfaser-Internetanbindung für alle Schulen;
  3. die Ausstattung aller Lehrer und – bei Bedarf – von Kindern mit geeigneten Endgeräten, beides aus Mitteln des vom Bund um zweimal 500 Mio. Euro erweiterten Digitalpakts Schule;
  4. Beteiligung des Bundes an Ausbildung und Finanzierung technischer Administratoren der digitalen Infrastruktur der Schulen in Höhe von 500 Mio. Euro;
  5. Bildung von Kompetenzzentren für digitales und digital gestütztes Unterrichten, die Schulen vor Ort bei Medienkonzepten und digitalen Schulentwicklungsplänen beraten (BMBF und KMK bilden dazu eine Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene);
  6. schrittweise Entwicklung einer Bildungsplattform durch den Bund, u.a. zur Vernetzung zwischen den bestehenden Systemen der Länder, mit dem Ziel der Bereitstellung von Bildungsinhalten in allen Bildungsbereichen;
  7. qualitativ hochwertige digitale Bildungsmedien, insbesondere Open Educational Resources (OER), und die Entwicklung intelligenter tutorieller Systeme.

(Wortlaut Steffen Seibert, Sprecher der Bundesregierung)

Das kommt mir doch alles ziemlich bekannt vor. Hat das die Koalition nicht schon Ende August im Rahmen der verlängerten EU Corona-Hilfsmaßnahmen Möglichkeiten besprochen, um die Digitalisierung an Schulen voranzutreiben? Damals ging es unter anderem auch um die Ausstattung der Lehrkräfte mit Dienstlaptops, eine zentrale Bildungsplattform sowie Bildungsskompetenzzentren. Neu ist lediglich, dass Lehrer ihre Dienstlaptops noch in diesem Jahr erhalten sollen sowie wie das konkret finanziert werden soll.

Bund streckt Geld vor

Geld ist ja bekanntlich nicht das Problem bei der digitalen Ausstattung der Schulen. Insgesamt stehen für die Digitalisierung der Schulen 6,5 Milliarden Euro zur Verfügung: 5 Milliarden aus dem Digitalpakt, 1,5 Milliarden Euro aus Corona-Programmen. Bisher floss das Geld aus dem Digitalpakt allerdings erst, wenn ein technisch-pädagogisches Konzept der Schulen vorlag und Lehrer weitergebildet wurden. Diese Vorgaben hat der Bund nun für 1,5 Jahre ausgesetzt, damit die Digitalisierung schneller vorangeht.

Ende August hat die Koalition im Rahmen der verlängerten EU Corona-Hilfsmaßnahmen ein 500-Millionen-Euro-Paket beschlossen, das die Ausstattung der Lehrern mit Dienstlaptops finanziert. Dieser Corona-Aufbaufond der EU steht allerdings erst ab Anfang 2021 zur Verfügung. Damit alle Lehrer noch in diesem Jahr neue Dienstlaptops erhalten, sagte der Bund am Montag zu, die 500 Millionen Euro vorzustrecken. Dieses Geld wird erst nachträglich über den Corona-Aufbaufond der EU finanziert, der noch aufgebaut werden muss.

Mit weiteren 500 Millionen Euro will sich der Bund nun an den Kosten zur Ausbildung und Finanzierung von Administratoren, die sich um die Technik an den Schulen kümmern sollen, beteiligen. Nach früheren Angaben von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) ist die entsprechende Vereinbarung dazu schon „fast unterschriftsreif“. Das heißt: Wieder nichts Konkretes.

Es fehlt an IT-Experten und langfristiger Perspektive

Das Problem ist die Umsetzung. Hardware alleine hilft nicht. Programme müssen aufgespielt, Laptops bzw. Tablets in das Schulnetzwerk eingebunden werden. Bisher haben das Lehrer gemacht. In diesem Ausmaß können sie das aber nicht mehr leisten. Sie wünschen sich Unterstützung bei Installationsvorgängen und Wartungsarbeiten. Echte IT-Experten sind gefragt. Für sie gibt es aber derzeit noch kein Geld. Zudem fehlt an den meisten Schulen noch W-Lan.

Ein weiteres Problem: In wenigen Jahren sind die Geräte veraltet und müssen ausgetauscht werden. Wer bezahlt das dann? Laptops gibt es bereits seit über 10 Jahren an einigen Schulen und immer wieder zeigte sich: Sobald sie nicht mehr funktionierten oder veraltet waren, landeten sie auf der Ablage und wurden nicht mehr genutzt. Schade um das viele Geld und das ungenutzte Potential.

Wenn es um Datenleitungen und Ähnliches geht, wenn gebaut werden muss, dann fehlt es laut SPD-Chefin Esken oftmals einfach an Baggern und Handwerkern, die das machen können. Es gibt also noch ein globaleres Problem, denn auch viele Häuslebauer kennen das nur zu gut. Das ist aber nicht neu, sondern auch schon seit Jahren bekannt. Es ist also höchste Eisenbahn, für gut ausgebildeten Nachwuchs im Handwerk zu sorgen.

Hygienekonzept während der kalten Wintermonate

Neben den geplanten Schritten zur Verbesserung der digitalen Schulausstattung ging es beim Schulgipfel auch um den Austausch über die Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen an den Schulen. Mit den Temperaturen fallen auch die Hygienekonzepte. Während der kalten Jahreszeit ist ein ständiges Lüften nicht mehr möglich. Ein einheitliches Konzept gibt es aber noch nicht, momentan handhaben die Schulen das individuell. Der Verband Bildung und Erziehung, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Bundeselternrat forderten daher einheitliche Regeln für den möglichen Einsatz von Luftfiltern und Kohlenstoffdioxid-Messgeräten in den Klassenräumen. Ein Beschluss wurde nicht gefasst, über ein einheitliches Lüftungskonzept wird am kommenden Mittwoch mit Experten zum Thema Lüftungshygiene in der KMK-Konferenz diskutiert. Eine erneute flächendeckende Schließung der Schulen soll vermieden werden. Was die Schulen aus meiner Sicht dringend brauchen, sind professionelle Hygiene-Schutzbeauftragte.

Fazit

„Sie haben sich stets bemüht“, der große Wurf ist aber leider ausgeblieben. Konkrete Beschlüsse gab es nicht, lediglich Schritte zur Finanzierung wurden besprochen. Was bleibt, ist der Ausblick, dass es im Januar einen weiteren Schulgipfel geben wird. Nach dem Motto: Es gibt viel zu tun, warten wir´s ab.

Deine RedakteurIna 🙋‍♀️


Quellen

Laptops für Lehrer sollen zügig kommen, Artikel auf tagessschau.de vom 21.09.2020
Kultusminister-Treffen im Kanzleramt: Beratungen über Verbesserung der digitalen Schulausstattung, Videobeitrag auf tagesschau.de vom 21.09.2020
800.000 Lehrerinnen und Lehrer sollen Dienstlaptops bekommen, Artikel auf zeit.de vom 21.09.2020