Beitragsbild Redakteurina Corona als Antrieb für die digitale Bildungsoffensive

Corona als Antrieb für die digitale Bildungsoffensive?

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Der Corona-Lockdown zwang viele Schulen und auch Elternhäuser zum Improvisieren. Ursache dafür waren vor allem die fehlende technische Ausstattung und das fehlende Know-how. Nun wollen Bund und Länder die Digitalisierung in der Schule beschleunigen. Am Dienstagabend, 25. August 2020, hat die Koalition im Rahmen der verlängerten EU Corona-Hilfsmaßnahmen ein weiteres 500-Millionen-Euro-Paket beschlossen. Neuer Leitbegriff: Digitale Bildungsoffensive. Da stelle ich mir doch sofort die Frage: Ein weiterer nicht zu Ende gedachter Schnellschuss, der zum Scheitern verurteilt ist?

Die Ergebnisse im Überblick

500 Millionen Euro sollen in die Ausstattung der Lehrenden mit digitalen Endgeräten fließen. Darüber hinaus soll eine bundesweite geschützte und qualitätsgesicherte Bildungsplattform mit hochwertigen digitalen Lehrinhalten sowie Bildungskompetenzzentren zur Unterstützung der Schulen und Lehrenden aufgebaut werden. Das klingt auf den ersten Blick wunderbar und beflügelnd. Endlich wird mal etwas getan und investiert. Auf den zweiten Blick wird aber schnell eines klar: Die Politik ist mal wieder „wild entschlossen“, konkrete Schritte und Beschlüsse hierzu wurden aber leider noch nicht gefasst. Und viel Zeit zum Ausprobieren bleibt nicht. Aus meiner Sicht müssten erstmal Stimmungsbilder an den Schulen eingeholt werden: Was konkret hilft den Schulen und Lehrenden, um z.B. bei einem erneuten Corona-Lockdown effizient weiterarbeiten und mit den Lernenden in Kontakt bleiben zu können?

Dienstlaptop – zum Verbleib in der Schule?

Ist es wirklich hilfreich und sinnvoll, wenn alle Lehrenden nun mit einem Dienstlaptop ausgestattet werden? Da diese über den Bund finanziert werden, müssten sie Teil der Schulinfrastruktur sein und dürfen theoretisch nicht privat genutzt werden. Die meisten Lehrenden haben aber bereits einen privaten Rechner, auf dem sie seit Jahren ihre Unterrichtsvorbereitungen und unzählige Dateien sortieren, organisieren und archivieren. Zwei Rechner bedeutet doppelte Verwaltung, was wiederum doppelte Arbeit bedeutet. Und das ist ein absolutes No-Go für Lehrende. Schließlich geht es ja darum, ihre bereits intensive Vorbereitungs- und Nachbereitungszeit so gering wie möglich zu halten. Wäre es daher nicht sinnvoller, Lehrende einen individuellen finanziellen Zuschuss zu gewähren? Das Geld könnte dann zum Beispiel in neue Software und digitale Unterrichtsmanager oder eben auch – wenn benötigt – in einen Dienstlaptop, den man aber auch zu Hause nutzen darf, fließen.

Der Lehrerjob ist nun mal kein 9-to-5-Job, bei dem die ganze Arbeit im Büro erledigt wird. Als Lehrender arbeitet man auch nach Verlassen des Arbeitsplatzes, sprich der Schule, von zuhause aus einige Stunden weiter und benötigt eben auch hier eine entsprechende Infrastruktur, im besten Fall dieselbe wie am Schularbeitsplatz. Wäre das nicht auch ein kleiner Anreiz, um den Lehrerjob wieder attraktiver erscheinen zu lassen?

Eine zentrale Bildungsplattform

Wie die Bildungsministerin Anja Karliczek erläuterte, wurde auch der Aufbau einer „bundesweiten Bildungsplattform für Lerninhalte, Prüfungen und Prüfungsinhalte“ vom Koaltitionsausschuss beschlossen. Die bereits bestehenden Portale der einzelnen Länder sollen sich hier vernetzen und alle Bildungsbereiche abdecken. Ein super Ansatz. Es wäre ja sehr löblich, wenn es endlich eine zentrale Plattform geben würde. Bei den unzähligen Angeboten, die es derzeit schon im Netz gibt, verliert man schnell den Überblick und sicherlich auch die Lust. Gleichzeitig bleiben auch hier viele Fragen offen: Wird eine ganz neue Plattform aufgesetzt? Wenn ja, von wem und wieviel kostet das? Oder werden bereits vorhandene Plattformen genutzt und ausgebaut, wie zum Beispiel die Schulcloud des Hasso-Plattner-Instituts? Und wie sieht es mit den Verantwortlichkeiten und dem Datenschutz auf der Bildungsplattform aus?

Bevor aber Dienstlaptops und Bildungsplattformen effizient genutzt werden können, muss natürlich erstmal jede Schule über die notwendige technische Infrastruktur verfügen. Das heißt, Schulen, die bisher noch nicht ans schnelle Netz angeschlossen sind, müssen zügig angeschlossen werden. Wer nimmt hier das Steuer in die Hand? Und wer wartet dann die Infrastruktur an den Schulen? Das könnte doch auch eine spannende Aufgabe des Bildungskompetenzzentrums sein. Hier könnte man sich eine sinnvolle und hilfreiche Lösung überlegen, wie man Schulen und Lehrende dauerhaft unterstützt, sodass die technische Verantwortung nicht mehr in der Schule liegt, sondern extern, aber schulnah. Somit bleibt den Informatiklehrern oder anderen Computer-Verantwortlichen wieder mehr Zeit für ihre eigentlichen Lehreraufgaben.

Know-how durch Kompetenzzentren

Von Seiten der Politik sind die Pläne für die Bildungskompetenzzentren bis dato noch sehr vage. Eins steht schon mal fest: Sie sollen die Schulen bei der Digitalisierung beraten und sie bei der Weiterbildung der Lehrkräfte unterstützen. Na immerhin. Guter Ansatz, aber viel spannender ist auch hier wieder das: Wie? Wer? Womit? Hier braucht es Leute, die aus der Schule kommen, nah am Thema „Schule“ sind, und zwar praktisch und nicht nur theoretisch. Ein sehr, sehr spannendes Thema, das ich auf jeden Fall weiter verfolgen und über das ich dich weiter auf dem Laufenden halten werde. Also, bleib dran!

Deine RedakteurIna 🙋‍♀️


Hier kannst du den Beschluss des Koalitionsausschusses vom 25. August 2020 im Wortlaut als PDF downloaden (TOP 3).


Quellen:

Wir wollen bei der Digitalisierung der Schule Tempo machen, Tagesspiegel, 26.08.2020

Bildungsoffensive geht Kritikern nicht weit genug, Berliner Zeitung, 28.08.2020

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